Deutschlands heilige Kühe: Datenschutz und Brandschutz

Seit heute gibt es die Corona-Warn-App der Bundesregierung zum Download. Anfang der Woche habe ich dazu die Staatsministerin für Digitalisierung im Bundeskanzleramt, Dorothee Bär (CSU), interviewt, die hofft, „dass die typisch deutsche Mentalität, die immer zu Überperfektionismus und höchster Vorsicht neigt, nicht dazu führt, dass die theoretischen Bedenken den praktischen Nutzen der App überlagern.“

Schaue ich mich im Freundeskreis oder in den Sozialen Netzwerken um, weiß ich, was sie meint. Häufig in den letzten Tagen begegnete mir in den Kommentaren zur Corna-Warn-App Misstrauen, Ablehnung, Geraune. Einen Eingriff in die persönlichen Freiheitsrechte vermutet einer, die App schränke Grundrechte ein, weil der Staat seine Bürger auf Schritt und Tritt verfolgen könne. Von "Freiwilligkeits Schwindel" fantasiert sogar Heribert Prantl. In Umfragen hält sich die Zahl der App-Befürworter und der App-Zweifler ziemlich die Waage.

Skepsis ist eine journalistische Grundtugend, die ich immer gut finde. Aber in dem Fall muss ich Dorothee Bär Recht geben: Man kann es mit dem Bedenkenträgertum auch übertreiben. Datenschutz und Brandschutz - das scheinen zwei heiligen Kühe in Deutschland zu sein. Vielleicht retten sie Leben. Mich aber treiben sie häufig in die Verzweiflung. Jeder, der per App Pizza bestellt oder mit Freunden und Familie WhatsApp benutzt, gibt mehr persönliche Daten preis als alle, die künftig die "Corona-Warn-App" benutzen.

Weder muss man dort seinen Namen eingeben, noch persönliche Daten. Die App trackt auch nicht unseren GPS-Standort. Sie misst per Bluetooth, wie häufig am Tag wir anderen App-Nutzern nahe kommen und speichert den Zeitpunkt und die Dauer des Kontakts 14 Tage dezentral und anonymisiert auf dem Smartphone. Es wird auch kein Mensch zur Nutzung der App gezwungen.

Mir wäre es ehrlich gesagt lieb, ich könnte mit der App (per pseudonymisiertem ID-Code) im Restaurant oder in der Eisdiele einchecken statt jedes Mal meinen Namen, meine Adresse und meine Telefonnummern handschriftlich dort zu hinterlassen. Ich glaube, der Augustiner Biergarten hat langsam die Telefonnummern von allen Münchner Bürgern in seinem Keller vorrätig. Ich kann nachts trotzdem gut schlafen.

Ja, Corona ist doof, kostet uns Geld und Arbeitsplätze und vielen die Existenz. Aber die App könnte uns allen das Leben erleichtern, vielleicht sogar Leben retten, indem sie hilft, Infektionsketten frühzeitig zu unterbrechen. Ich finde, das Experiment ist es wert!

Apple: https://apps.apple.com/de/app/corona-warn-app/id1512595757

Android: https://play.google.com/store/apps/details?id=de.rki.coronawarnapp